Auf die Überreste des Jungen, der mit einem Hund bestattet worden war, stießen Archäologen in der vergangenen Woche. Das ihm ins Grab gelegte Schwert, vor allem aber der beigegebene, mit Goldbeschlägen verzierte Waffengurt und der reiche Schmuck lassen darauf schließen, dass das Kind einer wohlhabenden und gesellschaftlich sehr hoch gestellten Familie angehörte. Besonders aber ist an diesem Grab noch etwas Anderes: Die Funde blieben fast 1300 Jahre nahezu unverändert darin liegen, weil die Steindecke und -wände der Grabkammer offensichtlich so dicht abgeschlossen haben, dass anders als üblich keine Sedimente in den Sarg gedrungen sind. Dadurch befinden sich die Funde in einem für ein Grab aus dieser Zeitspanne hervorragenden Zustand. Sogar zahlreiche Stoff- und Lederreste sind erhalten – von der Schwertscheide, dem Waffengurt, aber auch von der Kleidung und vielleicht dem Leichentuch.
»Für uns ist diese Bestattung ein Glücksfall, vor allem, weil so viele Stoffreste erhalten sind. Sie versprechen hochinteressante Einblicke in die frühmittelalterliche Modewelt. Unsere intensiven Forschungen in den letzten Jahren lassen erahnen, welche Bedeutung hochwertige Textilien und verziertes Leder für die Darstellung des Status im Frühmittelalter hatten. Von den nun geborgenen Funden erwarten wir uns neue Erkenntnisse zu den damals verwendeten Textilien und ihre Trageweise.«, sagt Generalkonservator Prof. Dipl.-Ing. Mathias Pfeil, Leiter des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege.
Allerdings stellte gerade die Tatsache, dass die Bestattung sedimentfrei war, die Denkmalpfleger vor eine große Herausforderung. Denn ohne die stabilisierenden Ablagerungen aus dem Erdreich drohten die Funde beim Bergen und beim Transport auf dem Ziegelboden der Grabkammer zu verrutschen oder beschädigt zu werden. Aus diesem Grund wurden sie eingefroren und dann mit Hilfe einer Platte, die unter den Sargboden geschoben wurde, wie auf einem Tablett von einem Kran aus dem Erdreich gezogen. Für Flüssigstickstoff hatte man sich entschieden, weil dieser mit seiner Temperatur von -196 °C dafür sorgt, dass der aufgebrachte Wasserfilm sofort ohne Ausdehnungseffekte aushärtet. Auf diese Weise bilden sich keine strukturzerstörenden großen Eiskristalle. Insgesamt 14 Stunden dauerte die Bergung – von 3 Uhr morgens bis 17 Uhr.
Die Bestattung befindet sich nun im Block im Labor der Restaurierungswerkstätten des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege in Bamberg, wo sie vorerst in einer Kühlkammer untergebracht ist und dann genauer untersucht und konserviert werden soll. Hierzu wird das Eis kontrolliert abgeschmolzen. Ein genauer Zeitpunkt dafür steht noch nicht fest.
Auffällig sind auch die Spuren eines quadratischen, etwa acht Meter breiten Gebäudes, die Archäologen im Boden gefunden hatten. Der Bau stammt aus römischer Zeit und wurde einige Jahrhunderte später als herausgehobener Bestattungsplatz für das Kind hergerichtet. Nicht ungewöhnlich für Bestattungen dieser Zeit ist das Nebeneinander von Objekten mit christlicher Symbolik und dem Festhalten an Grabbeigaben. So fand man im Grab des Kindes etwa Goldblattkreuze.
Als weitere Beigaben wurden dem Kind Armreifen aus Silber, Sporen und ein Bronzebecken in die Grabkammer gelegt. Sein genaues Alter kann erst nach weiterführenden Untersuchungen festgestellt werden. Da es noch Milchzähne hatte, gehen die Forscherinnen und Forscher davon aus, dass es zum Todeszeitpunkt kaum älter als zehn Jahre gewesen sein dürfte. Der Hund wurde dem Kind zu Füßen gelegt. Einwirkungen von Gewalt konnten an den tierischen Überresten bislang nicht nachgewiesen werden. Auch zur Todesursache des Kindes lässt sich bislang nichts sagen.
Die Grabungen fanden im Zuge der Erschließung eines neuen Baugebiets im Ortsteil Mattsies statt. Da an dieser Stelle bereits Bodendenkmäler vermutet worden waren, wurde das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege frühzeitig hinzugezogen. Die Gemeinde hatte die Bergung des Kindergrabes mit Fahrzeugen und Personal vom kommunalen Bauhof tatkräftig unterstützt.